Guten Morgen liebe Hessen,
Wer die Einreise nach Europa geschafft hat, hat sich damit praktisch ein lebenslanges Aufenthaltsrecht erworben. Ausgewiesen werden nur sehr wenige und noch weniger tatsächlich abgeschoben. Und dass eine Ausweisung meist nicht auch zur Abschiebung führt, hatte kürzlich ein Gambier bewiesen, der irgendwann einmal in die Schweiz eingereist war. Seine drei (!) Asylgesuche waren abgelehnt worden und er war in der Schweiz straffällig geworden. Eigentlich ein klarer Fall: Ausweisung und Abschiebung (amts-schweizerisch: Ausschaffung). Dem hat jedoch jetzt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) einen Riegel vorgeschoben. Denn der Gambier ist homosexuell. Und Homosexualität ist in Gambia verboten – so wie in zahlreichen anderen afrikanischen und/oder islamischen Ländern. Das alleine hat ihn jedoch nicht gerettet.
Der EGMR erklärte dazu, dass die Abschiebung in ein Land, in dem Homosexualität verboten sei, keine Verletzung der Menschenrechtskonvention darstelle. Andererseits sei der gambische Staat nicht bereit, Angehörige sexueller Minderheiten gegen Attacken zu schützen. Und deshalb darf die Schweiz den Gambier nicht abschieben (1).
Der Gerichtshof bemängelte, dass die Schweizer Behörden „zu wenig abgeklärt“ hätten, ob dem Mann in seinem Heimatland Misshandlungen drohen (2). Wie sie diese Frage hätten klären sollen, verriet das Gericht dagegen nicht. Aber mit der wesentlichen Frage hat sich das Gericht nicht befasst: drohen dem Gambier denn in der Schweiz Misshandlungen? Oder ist er dort vor Verfolgung wegen seiner Homosexualität sicher?
Vordergründig ja, denn Homosexualität ist in der Schweiz nicht strafbar und keine Schweizer Behörde verfolgt Homosexuelle. Aber die Schweiz besteht ja nicht nur aus Behörden und Beamten, sondern dort halten sich viele Schweizer Bürger und fast genauso viele Nicht-Schweizer auf. Und unter diesen sind auch nicht wenige, die einem Kulturkreis entstammen, in dem Homosexualität verboten und strafbar ist. Und die Strafe für homosexuelle Handlungen gehen bis zur Todesstrafe – wie etwa im Iran oder Saudi-Arabien. Und der eine oder andere Schweizer Zuwanderer, der aus diesem Kulturkreis stammt, fühlt sich möglicherweise berufen, gegen Homosexuelle vorzugehen.
Und das geht im Einzelfall bis zur Tötung, wie ein Vorfall in Dresden im Oktober 2020 zeigte. Da griff der mehrfach vorbestrafte Syrer Abdullah A. H., der im Sommer 2015 nach Deutschland einreiste, mit einem Messer ein homosexuelles Touristen-Paar an. Einer der beiden Männer verstarb, der andere wurde schwer verletzt (3). Vermutetes Tatmotiv des Syrers: Hass auf Homosexuelle, wahrscheinlich verbunden mit dem Wunsch, diese ihrer „gerechten Strafe“ zuzuführen.
Und so mag der Gambier in seiner Heimat möglicherweise nicht sicher vor Verfolgung sein – in der Schweiz ist er es aber auch nicht.
Ihr Rainer Rahn
Landtagsabgeordneter
(1) https://jungefreiheit.de/politik/ausland/2020/schweiz-homosexuellen-gambier/
(2) https://www.bote.ch/nachrichten/schweiz/gerichtshof-fuer-menschenrechte-stoppt-rueckfuehrung-von-gambier;art177490,1278248
(3) https://www.bild.de/bild-plus/news/inland/news-inland/5-tage-nach-haftentlassung-stach-er-zu-warum-wurde-der-messer-moerder-nicht-abge-73529096.bild.html
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